Allgemeine Infos zu HIV und Aids

HIV ist die Abkürzung für (engl.) "Human Immunodeficiency Virus", zu Deutsch: "menschliches Immunschwäche-Virus". Die Bezeichnung "Immunschwäche-Virus" deutet bereits an, was HIV im Menschen anrichtet: Es schädigt vor allem (aber nicht nur) das Immunsystem, das der Bekämpfung von Krankheitserregern und fehlerhaften Körperzellen dient.

Ausführliche Informationen zu  HIV, Aids und Immunsystem findest du unter hiv-med-info.de oder unter aidshilfe.de. Hier findest du die schon einmal die wichtigsten Basisinfos zum Krankheitsverlauf, Immunsystem, Schutzmöglichkeiten und Infektionsrisiken.

Was macht HIV im menschlichen Körper?

HIV verändert und schädigt verschiedene Organe in direkter und/oder indirekterWeise, so zum Beispiel den Darm, die Nieren, die Knochen und das Gehirn. Nach wie vor aber wird die HIV-Infektion in ersterLinie als Erkrankung des Immunsystems betrachtet, weil die Schädigung derkörpereigenen Abwehr die am schwersten wiegende Auswirkung ist.Das Immunsystem hat unter anderem die Aufgabe, in den Körper eingedrungeneKrankheitserreger – z. B. Bakterien, Pilze oder Viren – unschädlich zu machen.

In der Regel kann es solche "Eindringlinge" gut abwehren, was manmanchmal auch selbst spürt: Fieber, Muskel- und/oder Knochenschmerzen,Abgeschlagenheit und Krankheitsgefühl können Nebenwirkungen von körpereigenen Abwehrstoffen sein, die im Zuge der Erregerabwehrfreigesetzt werden. In der Regel bekämpft das Immunsystem die eingedrungenen Erreger aber, ohne dass man etwas spürt. Wenn das Immunsystem nicht (mehr) richtig arbeitet, können auch ansonsten harmlose Infektionen schwere, sogar lebensbedrohliche Erkrankungen verursachen. Man nennt sie "opportunistische Infektionen", weil sie "die günstige Gelegenheit" – nämlich die Schwäche des Immunsystems– nutzen; bei intakter Körperabwehr treten sie nicht auf.

Eine weitere wichtige Funktion des Immunsystems ist das Aufspüren und die Vernichtung der tagtäglich im Körper entstehenden Krebszellen. Bei nicht richtig funktionierender Körperabwehr erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu bestimmten Krebserkrankungen kommt.

Schädigung von Organen

Bereits in den ersten zwei bis drei Wochen der HIV-Infektion wird der Darm schwer geschädigt, das größte immunologische Organ des Menschen. Im Laufe der Zeit können aber auch die Nieren, die Knochen, das Gehirn, die Blutgefäße, das Herz oder das Zahnfleisch und der Zahnhalteapparat angegriffen werden – entweder durch HIV selbst oder durch die mit der Infektion verbundenen Entzündungsreaktionen.

Darm
Bereits kurz nach einer Infektion vermehrt sich HIV massiv im Darm und schädigt dort das lymphatische Gewebe, das etwa 25% der Darmschleimhaut ausmacht. Die Darmschleimhaut verliert ihre Barrierefunktion, Teile oder Stoffwechselprodukte von Darmbakterien können in den Blutkreislauf gelangen und dort zu einer Stimulation des Immunsystems führen. Im Darm ist die Abwehrfunktion vermindert, sodass sich ansonsten eher harmlose Durchfallerreger leichter vermehren und z. B. chronische Durchfälle verursachen können.

Nieren
Die HIV-Infektion kann auch zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion führen – die Filtrationsleistung der Nieren ist dann herabgesetzt. HIV-Patientinnen und -Patienten die gleichzeitig eine chronische Hepatitis haben, sowie Menschen afrikanischen Ursprungs haben ein zusätzlich erhöhtes Risiko. Auch einige antiretrovirale Medikamente, Schmerzmittel, andere Medikamente und Drogen können die Nieren schädigen und ihre Filtrationsleistung herabsetzen. Menschen mit HIV sollten daher ein- bis zweimal im Jahr, unter ART zwei- bis viermal im Jahr die Funktion ihrer Nieren untersuchen lassen.

Knochen
Im Rahmen des normalen Alterungsprozesses nimmt die Knochendichte ab. Ist die Knochendichte geringer als dem Alter entsprechend, spricht man von Osteopenie, ist ein krankhafter Zustand erreicht, von Osteoporose. Bei Menschen mit HIV kommt es häufiger zu einer Verringerung der Knochendichte als in der Allgemeinbevölkerung. Zum einen wirkt sich die HIV-Infektion selbst ungünstig auf die Knochendichte aus – man vermutet einen negativen Einfluss auf die Knochen bildenden Zellen sowie eine Anregung der Knochen abbauenden Zellen durch bestimmte Entzündungsbotenstoffe. Zudem werden bei Menschen mit HIV häufiger niedrige Vitamin-D-Spiegel gemessen – dieses Vitamin fördert die Aufnahme von Kalzium aus der Nahrung, das für ein gesundes Knochenwachstum wichtig ist. Zum anderen steht die Verringerung der Knochendichte auch in Zusammenhang mit antiretroviralen und anderen Medikamenten. Menschen mit HIV sollten alle ein bis zwei Jahre den Zustand ihrer Knochen überprüfen lassen. Ausführliche Informationen bietet das MED-INFO „HIV und Knochen“.

Gehirn/Nerven
Die HIV-Infektion kann die Nerven schädigen, mögliche Folge ist eine periphere Polyneuropathie. Außerdem kann HIV die Blut-Hirn-Schranke überwinden oder umgehen und so ins Gehirn eindringen. Dort befällt es unter anderem die Astrozyten – sie produzieren chemische Substanzen, die für die Kommunikation der Nervenzellen untereinander wichtig sind. Mögliche, in Zeiten der ART aber selten gewordene Folge ist die HIV-assoziierte Demenz oder kurz HIV-Demenz. Leichtere Schädigungen (sog. neurokognitive Defizite) werden allerdings heute häufiger festgestellt, da HIV aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung länger  „Zeit hat“, das Gehirn zu schädigen. Mögliche Symptome sind Gedächtnis- und Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhte Ablenkbarkeit, Verlangsamung mit Flexibilitätsverlust und verminderter Spontaneität, Schwierigkeiten, mehrere Aufgaben parallel zu bewältigen, kognitive Einbußen, Antriebsschwäche, sozialer Rückzug oder Reizbarkeit. Wichtig zu wissen ist, dass sich im sogenannten Nervenwasser (Liquor = Gehirn-Rückenmarks- Flüssigkeit) manchmal andere Virusvarianten vermehren als im Blut bzw. dass im Liquor Virus nachweisbar sein kann, auch wenn im Blut die Viruslast unter der Nachweisgrenze liegt. Bei Diagnose von neurokognitiven Defiziten raten Neurolog(inn)en meist dazu, antiretrovirale Medikamente einzusetzen, die in ausreichender Menge ins Gehirn gelangen können. Menschen mit HIV sollten auch selbst darauf achten, alle ein bis zwei Jahre ihre neurokognitiven Funktionen untersuchen zu lassen, und die oder den behandelnde(n) Ärztin/Arzt ggf. daran erinnern – Beeinträchtigungen wie z. B. leichte Konzentrationsstörungen oder Verlangsamungen fallen ohne Tests oft nicht auf. Ausführliche Informationen bietet das MED-INFO „Neurologische Erkrankungen“.

Herz-Kreislauf-System
Es gibt zahlreiche Hinweise, dass die unbehandelte HIV-Infektion mit einem erhöhten Risiko für koronare Herzkrankheiten (KHK) verbunden ist, also Arterienverkalkungen der Herzkranzgefäße, die zum Herzinfarkt führen können. Arterienverkalkungen im Bereich des Halses oder Kopfes erhöhen das Schlaganfallrisiko. Eine Rolle spielen hier auch HIV-Medikamente, vor allem aber Lebensgewohnheiten wie Rauchen, ungesunde Ernährung und Ernährungsmangel sowie andere Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes mellitus. Menschen mit HIV sollten einmal jährlich ihr Risiko für Herz-Kreislauf- Erkrankungen untersuchen und ein EKG machen lassen sowie regelmäßig den Blutdruck kontrollieren. Ausführliche Informationen bietet das MED-INFO „HIV und Herz-Kreislauf-Erkrankungen".

Mund/Rachen/Zähne
Bei schlechter Immunlage weist ein großer Teil der HIV-Positiven HIV-bedingte Veränderungen im Mund- und Rachenraum auf. Die häufigste Begleiterkrankung der HIV-Infektion ist wohl eine Pilzerkrankung der Mundschleimhaut (Candidose). Auch wiederkehrende Aphthen kommen häufig vor, kleine Schleimhautgeschwüre im Mundraum; bei fortgeschrittener HIV-Erkrankung kann es zu großen, extrem schmerzhaften Geschwüren kommen, die über viele Wochen nicht verschwinden. Menschen mit HIV leiden zudem häufiger an Entzündungen des Zahnfleischs und des Zahnhalteapparats, die bei ihnen oft schneller und schwerer verlaufen. Bei guter Immunlage bzw. rechtzeitiger Therapie kommen diese Veränderungen kaum noch vor.

Haut
Etwa ein Drittel aller HIV-Infizierten leidet mehr oder weniger stark unter Hauttrockenheit, meist verbunden mit Juckreiz; die Ursache ist bisher unklar. Neben einer Austrocknung der oberen Hautschichten liegt der Störung auch eine veränderte Talgbildung zugrunde. Austrocknungsekzeme treten oft schon in den frühen Stadien der Infektion auf. Typisch ist eine feine Schuppung, vor allem an den Außenseiten von Armen und Beinen, Flanken und Handrücken. Auch einige HIV-Medikamente können zu Hauttrockenheit oder Hautausschlag führen 

HIV und Immunsystem

Schwächung des Immunsystems
HIV befällt unter anderem T-Helferzellen (CD4-Zellen) und vermehrt sich in ihnen. Die Helferzellen haben die wichtige Funktion, andere Zellen des Immunsystems bei der Abwehr eingedrungener Erreger zu steuern. Interessanterweise wird nur ein kleiner Teil der CD4-Zellen infiziert (ca. 2 %); daneben kann HIV auch andere Zellen befallen, z. B. die CD8-Immunzellen oder Makrophagen. Mit voranschreitender Infektion nimmt die Zahl und die Funktionsfähigkeit der CD4-Zellen ab. HIV scheint dazu hauptsächlich dadurch beizutragen, dass es das Apoptose-Programm der Helferzellen von außen aktiviert und diese sich dann selbst zerstören. Das Immunsystem ist dadurch immer weniger in der Lage, den Körper vor Krankheiten zu schützen. Wenn sich bei stark geschwächtem Immunsystem opportunistische Infektionen oder bestimmte Tumoren entwickeln, spricht man von Aids (Acquired Immune Deficiency Syndrome = erworbenes Immunschwäche-Syndrom).

Überaktivierung des Immunsystems
HIV führt nicht nur zu einer direkten Schwächung, sondern auch zu einer permanenten Überaktivität des Immunsystems. Dabei kommt es vermehrt zu Autoimmunreaktionen 7, Allergien oder neurodermitisähnlichen Ekzemen. Im Blut lässt sich eine erhöhte Konzentration von Substanzen und aktivierten Immunzellen messen, die auf Entzündungsprozesse hindeuten. Entzündungsprozesse aber schädigen auch die Blutgefäße, sodass das Risiko von Herz-Kreislauf- Erkrankungen erhöht ist. Am stärksten ausgeprägt sind solche Entzündungsprozesse bei unbehandelten HIV-Positiven mit hoher Viruslast (über 10.000 Viruskopien/ml), aber auch bei mittlerer (75 – 2.000 Kopien/ml) und niedriger Viruslast (< 75 Kopien/ml) zeigt sich noch eine erhebliche Immunaktivierung. Bei antiretroviral behandelten HIV-Infizierten, deren Viruslast unter 75 Kopien/ml liegt, sind die Entzündungsreaktionen zwar nur gering ausgeprägt, die Immunaktivierung ist gegenüber HIV-Negativen aber immer noch erhöht. Da aber bei einer erfolgreichen Therapie die Virusvermehrung fast vollständig unterbunden ist, muss es noch einen weiteren Grund für diese erhöhte Immunaktivierung geben. Man vermutet ihn im Darm, dem größten immunologischen Organ des Körpers: HIV schädigt den Darm und stört die Immunbarriere zwischen Darm und Blut, sodass Teile oder Stoffwechselprodukte von Bakterien (z. B. Lipopolysaccharide = Verbindungen aus Fett- und Zucker-Bestandteilen) in den Blutkreislauf gelangen und dort zu einer ständigen Aktivierung des Immunsystems führen. Unklar ist bislang allerdings, warum sich das Immunsystem des Darms auch nach jahrelanger erfolgreicher antiretroviraler Behandlung nicht vollständig erholt.

Vorzeitige Alterung des Immunsystems
Die antiretrovirale Therapie hat zu einer wesentlichen Verlängerung der Lebenserwartung von Menschen mit HIV geführt – wer sich heute mit HIV infiziert, kann wahrscheinlich mit einer annähernd normalen Lebenserwartung rechnen. Andererseits beschleunigt HIV die Alterung des Immunsystems – vor allem durch die anhaltenden Entzündungsprozesse infolge der Überaktivierung des Immunsystems. Die Immunsysteme von HIV-Positiven zeigen Veränderungen, die denen bei älteren Individuen ähnlich sind, etwa bei der CD4/CD8- Ratio, der Produktion von T-Zellen oder der Antikörperantwort der B-Zellen (der spezifische oder adaptive Teil des Immunsystems ist mit zunehmendem Lebensalter weniger effektiv, Ältere sind empfänglicher für Infektionen). Die ART ermöglicht es also Menschen mit HIV, alt zu werden, aber HIV macht auch schneller alt. Dadurch gibt es eine Verschiebung weg von den eher »traditionellen « HIV-assoziierten oder aidsdefinierenden Erkrankungen wie z. B. opportunistischen Infektionen hin zu Erkrankungen, die auch in der Population der nicht mit HIV infizierten älteren Menschen vorkommen. Befördert werden die durch HIV beschleunigten Alterungsprozesse durch eine ungesunde Lebensweise (z. B. Rauchen, Bewegungsarmut, Stress, ungesunde Ernährung, Drogenkonsum) sowie durch Wirkungen von HIV-Medikamenten.

Weitere Informationen zu HIV und Immunsystem findest du unter hiv-med-info.de.

Stadien der HIV-Infektion

Die unbehandelte HIV-Infektion verläuft bei jedem Menschen anders. Bei vielen bleibt die Infektion über mehrere Jahre unbemerkt, einige wenige erkranken bereits in der akuten Phase der Infektion schwer (Aids(, andere haben nach zwei Jahrzehnten kaum Symptome. Zwischen einzelnen Krankheitsphasen liegen oft lange Zeiten ohne körperliche Beschwerden. Es gibt keine starre Abfolge von Phasen, und selbst wenn schon aidsdefinierende Krankheiten aufgetreten sind, können diese Symptome durch eine erfolgreiche antiretrovirale Therapie wieder verschwinden.

Akute HIV-Infektion
Nach einer Infektion auf sexuellem Weg dauert es einige Tage, bis HIV über die Schleimhaut und das Lymphgefäßsystem ins Blut gelangt – direkt im Blut nachweisen kann man Viren meist nach etwa zehn Tagen, manchmal aber auch erst später. Gelangt HIV dagegen direkt in die Blutbahn (z. B. durch Gebrauch einer kontaminierten Spritze beim intravenösen Drogengebrauch oder durch eine Nadelstichverletzung), lässt sich die Viruslast schon einige Tage früher messen. Die Viruslast steigt innerhalb weniger Tage massiv an, oftmals auf Werte im Hunderttausender- oder Millionenbereich. Durchschnittlich zwei bis drei Wochen nach der Infektion treten in der Mehrzahl der Fälle unspezifische Krankheitszeichen wie Fieber, Abgeschlagenheit, Müdigkeit oder Unwohlsein, Appetitlosigkeit, Kopf- und Gelenkschmerzen, starker Nachtschweiß, Mandel- und Lymphknotenschwellungen, Hautausschlag, Durchfall, Muskelschmerzen, schmerzhafte Schluckbeschwerden oder Geschwüre im Mund auf. Manchmal entstehen auch bräunliche Flecken auf der Brust. Die Beschwerden, die häufig als Symptome einer Grippe, Erkältung oder Reisekrankheit fehlgedeutet werden, halten meist etwa sieben bis zehn Tage an und verschwinden dann von alleine wieder. Wenn keine Symptome auftreten, spricht man von einer klinisch „stummen“, inapparenten oder asymptomatischen Infektion. In dieser Phase, die man als „akute/primäre HIV-Infektion“, „Primärinfekt“ oder „Primoinfektion“ bezeichnet, erkennt das Immunsystem das Virus als Eindringling und setzt ihm körpereigene Abwehrzellen entgegen. Zugleich produziert es Antikörper, die HIV bekämpfen sollen. Diese lassen sich in der Regel drei bis sechs, spätestens zwölf Wochen nach der Ansteckung mit einem HIV-Antikörpertest nachweisen. Mit Erscheinen der Antikörper nimmt die Konzentration der Viren im Blut und den anderen Körpersekreten wieder ab, meist auf Werte im Zehntausender-Bereich. Bereits in der akuten Phase fügt HIV dem Körper einen erheblichen Schaden zu – zum Beispiel durch Zerstörung eines großen Teils der Helferzellen in der Darmschleimhaut (etwa 60 % aller Helferzellen/Lymphozyten befinden sich im lymphatischen Gewebe des Magen-Darm-Trakts). Dieser Schaden des Immunsystems scheint auch durch eine langjährige antiretrovirale Therapie nicht vollständig repariert werden zu können. Während der akuten Infektion ist die Ansteckungsgefahr für andere besonders hoch, da sich im Blut – und mit geringer zeitlicher Verzögerung auch im Sperma, in der Scheidenflüssigkeit oder im Flüssigkeitsfilm auf der Darmschleimhaut – besonders viele Viren befinden.

Symptomfreie HIV-Infektion
Im Anschluss an die akute Phase fühlen sich die meisten Infizierten gesund und bemerken keine Symptome (man spricht hier auch von einer Latenzphase), obwohl HIV „in aller Stille“ das Immunsystem und andere Organe wie z. B. die Nieren weiter schädigt. Das Immunsystem kann HIV aber zumindest teilweise unter Kontrolle halten, sodass sich eine Art Gleichgewicht zwischen Virusvermehrung und Virusabwehr einstellt. Vermutlich tragen Antikörper, Abwehrzellen und vom Körper gebildete lösliche Stoffe dazu bei, dass viele der ständig neu produzierten Viren (täglich etwa 10 Milliarden) sowie der von HIV befallenen Körperzellen zerstört werden. Dieses Gleichgewicht bleibt meist einige Jahre stabil – abhängig unter anderem von der Fähigkeit des Immunsystems, HIV zu bekämpfen, der genetischen Ausstattung des Einzelnen, dem Lebensalter sowie von Vor- und Begleiterkrankungen. Allerdings nimmt mit fortschreitender HIV-Erkrankung die Zahl der Helferzellen und ihre Funktionsfähigkeit ab.

Symptomatische HIV-Infektion
Symptome der HIV-Infektion zeigen sich zunächst meist als unspezifische Störungen des Allgemeinbefindens, als Veränderungen an Haut und Schleimhäuten, als Magen-Darm-Beschwerden (z. B. Durchfall), lang anhaltende Lymphknotenschwellungen in mehreren Körperregionen, Fieberschübe, Nachtschweiß und als erhöhte Anfälligkeit für Infekte. Ansonsten harmlose Infektionen verlaufen schwerer, und es dauert länger, bis sie wieder ausgeheilt sind; außerdem ist die Wundheilung verzögert. Viele Ärztinnen und Ärzte, die mit der HIV-Infektion nicht vertraut sind, denken bei solchen Symptomen (noch) nicht daran, einen HIV-Test anzubieten. Eine symptomatische HIV-Infektion ist behandlungsbedürftig, das heißt, es sollte sofort mit einer antiretroviralen Therapie begonnen werden – unabhängig von der Zahl der Helferzellen.


Krankheitszeichen bei symptomatischer HIV-Infektion

Gürtelrose
Die Gürtelrose (Herpes Zoster) ist ein Hautausschlag, der durch das Varicella- Zoster-Virus hervorgerufen wird. Beim Erstkontakt (meist in der Kindheit) verursacht dieses Virus Windpocken und „ruht“ danach – wie Herpes-simplex- Viren – lebenslang in Nervenzellen in der Nähe des Rückenmarks. Bei Immunschwäche können die bislang vom Immunsystem in Schach gehaltenen Viren eine Gürtelrose hervorrufen, ebenso im Rahmen eines Immunrekonstitutionssyndroms (IRIS 96). Betroffen sind meist einseitig Hautareale, die zu einem oder mehreren Hautnerven gehören, z. B. eine Brustseite oder eine Seite des Gesichts. Bei Befall des Auges besteht die Gefahr der Erblindung. Die Gürtelrose kündigt sich in der Regel durch Kopfschmerzen und Krankheitsgefühl an, es folgen Schmerzen in einzelnen Hautarealen, nach zwei bis drei Tagen gefolgt von Bläschen mit wässrigem Inhalt, der ansteckend ist. Die Therapie erfolgt mit Virostatika (z. B. Aciclovir), Schmerzmitteln und ggf. Cortison. Bei ausgedehnter Gürtelrose bleiben in etwa 20 % der Fälle dauerhafte und hartnäckige Schmerzen (Zosterneuralgie) zurück. HIV-Positive mit gutem Immunstatus (> 400 Helferzellen/μl Blut), die noch keine Windpocken hatten, können sich impfen lassen.

Verringerung der Blutplättchen (Thrombozytopenie) und erhöhte Blutungsneigung
Die Thrombozytopenie ist eine der häufigsten Symptome der unbehandelten HIV-Infektion; ihr Auftreten nimmt mit der Dauer der Infektion zu. Ursache sind vor allem zwei Mechanismen: ein vermehrter Abbau von Thrombozyten (vor allem in frühen Stadien der Infektion) und eine verminderte Produktion. Die Verringerung ist in der Regel nur mild, bei den meisten betroffenen HIVPatient( inn)en treten ggf. nur leichte Schleimhautblutungen auf. Ernste innere Blutungen sind selten und werden nur bei Thrombozytenwerten unter 30.000/μl beobachtet.

Wiederholtes Fieber über 38,5 Grad Celsius, das keine andere Ursache hat Durchfall länger als 1 Monat
HIV vermehrt sich stark im Darm und fügt ihm schon in den ersten Wochen nach der Ansteckung massiven Schaden zu; das Durchfallrisiko erhöht sich mit steigender Viruslast und sinkender Helferzellzahl.

Periphere Polyneuropathie
Bei der Peripheren Polyneuropathie handelt es sich um eine Schädigung der langen Nerven in Armen und Beinen. Sie kann mit Schmerzen und Taubheitsgefühl, einer Störung der Schmerzwahrnehmung und des Berührungsempfindens, aber auch Kribbeln, Brennen und anderen Sensibilitätsstörungen einhergehen. Eine Polyneuropathie braucht in der Regel lange, bis sie sich so weit entwickelt hat, dass man sie selbst spürt. Ein Facharzt oder eine Fachärztin für Neurologie kann die Nervenschädigung aber schon viel früher feststellen.
Orale Haarleukoplakie (OHL) Hierbei handelt es sich um weißliche, haarige bzw. streifige Veränderungen seitlich an der Zunge, die sich nicht abwischen lassen. Die Krankheit wird durch das Epstein-Barr-Virus ausgelöst, mit dem nahezu 100 % der Bevölkerung infiziert sind und das ähnlich wie das Herpes-simplex-Virus immer wieder reaktiviert werden kann. Die orale Haarleukoplakie ist normalerweise harmlos, aber ein Zeichen für eine HIV-Infektion.

Candidose von Mund und Rachen
Von den über 100 Arten von Hefepilzen können ca. 20 Erkrankungen beim Menschen auslösen. Der häufigste Krankheitserreger ist Candida albicans. Er besiedelt auch gesunde Haut und Schleimhäute, kann sich aber bei schlechter Immunlage massiv vermehren und eine Entzündung (Candidose) verursachen, meist von Mund und Rachen, bei Frauen auch der Scheide (siehe unten); die betroffene Schleimhaut ist im akuten Stadium gerötet und geschwollen mit weißlichen bis gelblichen abwischbaren Belägen. Wenn die Candidose hingegen ausgedehnter ist und Speiseröhre, Luftröhre, Bronchien oder Lunge befällt, zählt sie zu den aidsdefinierenden Erkrankungen.

Candidose der Scheide (länger als 1 Monat)
Befallen werden vor allem die Schamlippen und die Vagina. Quälender Juckreiz und weißlicher, bröckeliger Ausfluss begleiten die Infektion.

Bazilläre Angiomatose
Auslöser dieser Infektion sind zwei Arten von Rickettsien-Bakterien; für eine der beiden Bakterienarten sind Katzen die Hauptwirte und Katzenflöhe die Überträger. Symptome sind meist dunkle Knötchen und Geschwüre der Haut, doch auch innere Organe wie Knochen oder Leber können betroffen sein.

Listeriose
Erreger dieser bakteriellen Infektionskrankheit sind Listerien, die meist über rohe Tierprodukte (Milch, Fleisch, Fisch) oder über Kontakt mit verunreinigter Erde übertragen werden. Bei gesunden Erwachsenen verläuft eine Infektion mit Listerien meistens symptomlos, doch während der Schwangerschaft oder bei einem geschwächten Immunsystem kann es zu schweren Verläufen mit Hirnhautentzündung (Meningitis), Gehirnentzündung (Enzephalitis) und Blutvergiftung (Sepsis) kommen.

Entzündung des kleinen Beckens, der Eierstöcke oder der Eileiter (PID)
Im angloamerikanischen Sprachraum spricht man von Pelvic Inflammatory Disease (PID) = Entzündungen, die Organe des kleinen Beckens betreffen. Ursachen sind oft aufsteigende Infektionen mit Bakterien. Krankheitszeichen treten meist nicht auf oder werden nicht bemerkt; möglich sind Unterleibsschmerzen, vermehrter Ausfluss, Schmerzen beim Sex oder unregelmäßige Blutungen.

Zellveränderungen des Muttermundes (Vorstufen von Krebs)
Bei der Entstehung von Krebs am Gebärmutterhals sind fast immer Humanpapillomaviren (HPV) beteiligt. HPV-Infektionen gehören zu den weltweit häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen. Bei Menschen mit HIV kommt es häufiger zu Infektionen mit mehreren HPV-Typen und zu einer Persistenz der Infektion – d. h., die Infektion ist nach 18 – 24 Monaten noch nicht verschwunden, wie das sonst meist der Fall ist. Bei einer über mehrere Jahre bestehenden unbehandelten HPV-Infektion können sich aus infizierten Zellen Krebsvorstufen entwickeln. Wenn die Erkrankung weiter fortschreitet und sich ein Gebärmutterhalskrebs entwickelt, gilt dies als aidsdefinierende Erkrankung.


Aids

Treten bei einem schweren, durch HIV verursachten Immundefekt bestimmte Krankheiten auf, spricht man von Aids, auch Aids-Vollbild genannt. Hierzu gehören schwere opportunistische Infektionen 12, aidsdefinierende Krebserkrankungen sowie durch HIV ausgelöste Gehirnschädigungen oder starke Abmagerung (Wasting). Ohne Behandlung verlaufen viele dieser Erkrankungen tödlich.

Aids kann verhindert werden. Bei rechtzeitiger Diagnose und Therapie tritt Aids heute praktisch kaum mehr auf. Trotzdem gibt es in Deutschland derzeit jährlich noch ca. 1.000 neue Aidsfälle – meist ist dann die HIV-Infektion erst spät entdeckt worden, z. B. wenn schwere opportunistische Infektionen auftreten, oder es handelt sich um HIV-Positive, die zwar um ihre Infektion wissen, aber aus unterschiedlichen Gründen nicht mit einer Therapie beginnen. Heute ist aber selbst Aids kein Todesurteil mehr. Opportunistische Infektionen, aber auch Krebserkrankungen können sofort behandelt werden, und sobald es die Situation erlaubt, wird man dann eine gegen HIV gerichtete Therapie beginnen. Allerdings wird sich das Immunsystem dann langsamer und nicht so gut erholen wie bei Patient(inn)en, die rechtzeitig mit einer HIV-Therapie beginnen, und auch die Sterblichkeit ist höher. 

Aidsdefinierende Erkrankungen - Opportunistische Infektionen

Opportunistische Infektionen (OI) treten in der Regel bei niedrigen Helferzellzahlen auf; bei erfolgreich antiretroviral Behandelten kommen sie kaum noch vor. Dennoch entfallen jedes Jahr ungefähr 30 % aller Todesfälle bei Menschen mit HIV auf opportunistische Infektionen – meist handelt es sich dabei um Menschen, die ihre HIV-Diagnose erst im Vollbild Aids erhielten, die trotz rechtzeitiger Diagnose zu spät mit der Therapie begonnen hatten oder die keine antiretroviralen Medikamente einnehmen wollten. Für Ärzte und Ärztinnen ist es oft schwierig, eine OI zu erkennen, vor allem dann, wenn kein HIV-Test gemacht wurde und sie sich auf diesem Gebiet nicht auskennen. Wichtig ist daher, sich von erfahrenen HIV-Spezialist(inn)en behandeln zu lassen, selbst wenn man dafür längere Fahrtzeiten in Kauf nehmen muss; sie können bei niedriger Helferzellzahl dann auch durch eine Antibiotika-Prophylaxe das (Wieder-)Auftreten von opportunistischen Infektionen verhindern.

Pneumocystis-Pneumonie (PCP)
Anhaltender trockener Husten ohne Auswurf, leichtes Fieber und Luftnot bei körperlicher Belastung (beispielsweise Treppensteigen) sind die ersten Zeichen dieser Lungenentzündung, die durch den Erreger Pneumocystis jiroveci ausgelöst wird. Dieser Schlauchpilz kommt überall vor, und man kann den Kontakt mit ihm nicht vermeiden. Eine Erkrankung löst er aber nur bei geschädigtem Immunsystem (v. a. bei weniger als 250 Helferzellen/μl Blut) aus. Die PCP ist eine schwere Erkrankung – nicht selten müssen Patienten maschinell beatmet werden, die Sterblichkeit ist hoch. In der Regel tritt sie nur noch bei Personen auf, deren HIV-Infektion nicht bekannt ist. Die PCP wird dann vom Hausarzt oder der Hausärztin oft nicht erkannt, sodass die Patienten mit einem nicht wirksamen Antibiotikum behandelt werden. Wirksam ist das Antibiotikum Cotrimoxazol, das bei niedrigen Helferzellzahlen (< 200) auch zeitlich begrenzt als Prophylaxe gegeben wird.

Toxoplasmose
Der Erreger – Toxoplasma gondii – ist ein Parasit, der hauptsächlich über rohes oder nicht durchgegartes Fleisch und gelegentlich durch Katzenkot übertragen wird. Er kann alle Zellen des menschlichen Körpers befallen, verbreitet sich aber besonders im Gehirn. Die ersten Symptome sind meist dumpfe Kopfschmerzen und Fieber. Später kann es zu Lähmungen oder Taubheitsgefühl in Armen oder Beinen, zu Sprach-, Seh- oder Hörstörungen, Benommenheit, Konzentrationsschwäche und Verhaltensänderungen kommen. Die Toxoplasmose des Gehirns ist lebensgefährlich. Bei einer Toxoplasmose handelt es sich nahezu immer um eine alte Infektion, die bei Immunschwäche (< 100 CD4-Zellen/μl Blut) wieder ausbricht. Die Erkrankung befällt bei HIV-Infektion v. a. das Gehirn (zerebrale Toxoplasmose). Behandelt wird sie mit Antibiotika. HIV-Patienten, die keine Antikörper gegen Toxoplasmose haben (also noch nicht mit den Erregern in Kontakt gekommen sind), sollten den Konsum von rohem oder nicht durchgegartem Fleisch und den Kontakt mit Katzenkot meiden. Bei niedrigen Helferzellzahlen kann zudem eine Prophylaxe mit Antibiotika (Cotrimoxazol) erfolgen, bis die CD4-Zellzahl (infolge ART) stabil über 200/μl Blut liegt.

Zytomegalie-Virus-Infektion
Das Zytomegalie-Virus (CMV) gehört zur Familie der Herpesviren und kann sich in verschiedenen Organen ansiedeln, befällt aber bei Immunschwäche meist die Netzhaut (Retina) oder den Verdauungstrakt, seltener die Lunge oder das Gehirn. Die meisten Menschen hatten in ihrem Leben bereits Kontakt mit dem Virus. Bei Immunschwäche können die Viren, die sich noch im Körper aufhalten, reaktiviert werden und eine Erkrankung auslösen, z. B. eine Entzündung der Netzhaut (Retinitis). Warnzeichen sind verschwommenes und unscharfes Sehen, Probleme beim räumlichen Sehen, Einschränkungen des Gesichtsfeldes, Flimmern und „Schneegestöber“ vor den Augen. Wird eine Retinitis nicht rechtzeitig behandelt, kann sie rasch zur Erblindung führen. Die Diagnose wird durch den Augenarzt oder die Augenärztin gestellt, doch sind Fehldiagnosen häufig, wenn die HIV-Infektion nicht bekannt ist. Die Therapie erfolgt mit Virostatika (z. B. Ganciclovir), ein schon entstandener Schaden der Netzhaut kann allerdings nicht mehr rückgängig gemacht werden. Bei HIV-Patienten mit schlechtem Immunstatus (< 200 Helferzellen/μl) wird zur Früherkennung einer Zytomegalie-Infektion alle drei Monate eine Untersuchung beim Augenarzt durchgeführt.

Candidose von Speiseröhre, Luftröhre, Bronchien oder Lunge
Eine Candidose der Speiseröhre (v. a. bei < 250 Helferzellen/μl Blut) macht sich durch Schluckstörungen und Schmerzen hinter dem Brustbein bemerkbar. Die Therapie erfolgt mit einem Antimykotikum (z. B. Fluconazol). Bei schlechtem Immunstatus sollte zur Früherkennung regelmäßig der Mund-Rachen- Raum auf weiße abstreifbare Beläge untersucht werden.
Kryptokokken-Infektion
Der Hefepilz Cryptococcus neoformans verursacht bei schwerer Immunschwäche Infektionen v. a. der Lunge und des Gehirns. In Europa ist die Erkrankung selten, in den USA und Südosteuropa häufiger. Die Therapie erfolgt über längere Zeit mit einer Kombination verschiedener Antimykotika. Die Sterblichkeit ist hoch.

Tuberkulose
Die Tuberkulose ist eine bakterielle Erkrankung, die zahlreiche Organe, vor allem aber die Lunge befällt. Weltweit ist sie bei HIV-Infizierten die bedeutendste Infektionskrankheit; vor allem in Afrika und Osteuropa ist die Zahl der Menschen, die mit HIV und Tuberkelbakterien infiziert sind, hoch. Viele Menschen haben im Laufe ihres Lebens Kontakt mit Tuberkelbakterien gehabt, ohne zu erkranken. Bei geschwächtem Immunsystem, z. B. infolge einer HIV-Infektion oder schlechter Ernährungslage, können sich die Bakterien dann eher gegen das Immunsystem durchsetzen. Auch eine „alte“, eigentlich ausgeheilte Tuberkulose kann dann reaktiviert werden. An Tuberkulose erkranken können Menschen mit HIV auch bei gutem Immunstatus, also unabhängig von der Helferzellzahl. Frühsymptome der Tuberkulose sind Schwäche, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, geschwollene Lymphknoten, Nachtschweiß und Husten – zunächst ohne viel Auswurf, später mit blutigem Auswurf. Diagnostiziert wird die Tuberkulose durch Röntgenaufnahmen der Lunge und den Nachweis von Tuberkelbakterien (z. B. im Auswurf, Magensaft oder Bronchialsekret). Die Therapie mit Antibiotika dauert mindestens ein halbes Jahr. Um eine Resistenzbildung zu verhindern, werden mehrere Antibiotika gleichzeitig eingesetzt. Ein wachsendes Gesundheitsproblem stellen Infektionen mit Tuberkulose- Bakterien dar, die bereits gegen mehrere Antibiotika oder sogar gegen fast alle Antibiotika resistent sind (MDR-TB bzw. XDR-TB). Die Therapie mit Antibiotika ist nebenwirkungsreich und muss ggf. mit einer ART abgestimmt werden, da es zu Wechselwirkungen zwischen Tuberkulose- und HIV-Medikamenten kommen kann. Ob die Therapie der HIV-Infektion gleichzeitig mit der Therapie der Tuberkulose oder zeitversetzt erfolgt, muss im Einzelfall entschieden werden. Wenn sich das Immunsystem nach Beginn einer ART wieder erholt, kommt es bei einem Teil der Patienten im Rahmen eines sog. Immunrekonstitutionssyndroms (IRIS) vorübergehend zu Tuberkulose-Symptomen wie Fieber und geschwollenen Lymphknoten, die auch zu eitrigen Abszessen führen können. Diese Symptome verschwinden mit der Zeit wieder, müssen aber ärztlich beobachtet werden.

Atypische Mykobakteriose
Neben den Tuberkulose-Erregern können auch andere Bakterien tuberkuloseähnliche Krankheitsbilder verursachen, vor allem Mycobacterium avium complex (MAC). Die Erreger kommen praktisch überall vor, es erkranken fast nur Patienten mit weniger als 50 CD4-Zellen/μl. Nach Einführung der ART ist die Infektion daher bei uns selten geworden und tritt fast nur im Rahmen eines Immunrekonstitutionssyndroms  oder bei nicht diagnostizierter HIVInfektion auf. Am häufigsten kommt es heute zu Lymphknoten-Abszessen, die fast überall lokalisiert sein können. Auch Fieber, Gewichtsabnahme, Durchfall (bei weniger als 100 Helferzellen) und Bauchschmerzen kommen vor.

Schwere/anhaltende Herpes-Infektion
Die Erreger Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) und Typ 2 (HSV-2) befallen vor allem die Haut und Schleimhaut. HSV-1 verursacht meist „Lippenherpes“ mit juckenden Bläschen an Lippen, Mund und Zunge, HSV-2 verursacht eher genitalen Herpes mit Bläschenbildung an den Schleimhäuten von Penis, Schamlippen und Anus. Die Herpesviren „ruhen“ nach dem Ausheilen der Geschwüre lebenslang in bestimmten Nervenzellen nahe dem Rückenmark (Ganglien) und können durch bestimmte Auslöser (z. B. Infektionskrankheiten, starke Sonneneinstrahlung, Stress, Menstruation, Schlafmangel) oder bei Abwehrschwäche immer wieder zu Beschwerden führen. Bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem (z. B. infolge einer Chemotherapie oder einer HIV-Infektion, v. a. bei < 250 Helferzellen/μl Blut) kommt es häufiger zum Wiederauftreten eines Herpes sowie zu ungewöhnlichen und schweren Verläufen, z. B. mit großflächigen Ekzemen, Hirnhaut- oder Gehirnentzündung oder einem Befall innerer Organe wie Lunge oder Leber. Kommt es bei HIV-Infizierten zu einer Herpes-Infektion des Auges, der Speiseröhre, des Gehirns oder der Atemwege und dauert diese länger als vier Wochen an, spricht man von einer aidsdefinierenden Erkrankung. Die Therapie erfolgt mit einem Virostatikum, z. B. Aciclovir. Bei häufigem Wiederauftreten der Erkrankung kann in seltenen Fällen eine Prophylaxe mit Aciclovir erfolgen.

Progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML)
Diese Erkrankung des Zentralnervensystems wird durch das JC-Virus (JCV) hervorgerufen. Bei nicht behandelter HIV-Infektion ist die Sterblichkeit hoch. Kontakt mit JCV hatten in ihrem Leben mehr als drei Viertel aller Menschen. Bei Immunschwäche kann das Virus reaktiviert werden. Meist tritt die PML bei sehr niedriger Helferzellzahl auf (< 100/μl Blut), in 5 – 10 % der Fälle jedoch auch bei mehr als 200 Helferzellen/μl Blut. Die Erkrankung führt zu einem Untergang von Zellen v. a. in der weißen Hirnsubstanz. Charakteristisch sind kognitive Störungen (im Lernen, Erinnern, Denken), Seh- und Sprachstörungen sowie Lähmungen, wie sie etwa auch bei einem Schlaganfall vorkommen. Die Diagnose erfolgt in erster Linie mit bildgebenden Verfahren wie einer MRT (Magnet-Resonanz-Tomografie). Eine spezifische Therapie gegen das Virus gibt es nicht, in Studien werden einige Substanzen erprobt. Im Vordergrund steht daher der Beginn oder die Optimierung einer ART – wichtig ist, dass die Medikamente das Gehirn erreichen.

Wiederkehrende bakterielle Lungenentzündungen
Die häufigsten Erreger bakterieller Lungenentzündungen bei Menschen mit HIV sind Pneumokokken und Hämophilus influenza. Typische Symptome sind hohes Fieber, Husten und Auswurf. Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika. HIV-Infizierten wird bei ausreichender Helferzellzahl (> 200/μl Blut) eine Pneumokokken- Impfung empfohlen. Die Impfung wird alle sechs Jahre wiederholt und kann zusammen mit der jährlichen Grippeschutzimpfung im Oktober oder November erfolgen. 

Chronische Kryptosporidien-Infektion
Kryptosporidien sind Parasiten, die schwere Durchfälle hervorrufen. Bei Menschen mit intaktem Immunsystem und bei HIV-Positiven mit Helferzellzahlen > 200/μl Blut heilt die Infektion nach einigen Tagen aus. Bei schlechtem Immunstatus kann die Infektion chronisch werden – mit wochen- oder monatelangen schwersten Durchfällen, Darmkrämpfen, häufigem Stuhlgang und hohem Flüssigkeitsverlust. Eine spezifische Therapie gegen Kryptosporidien gibt es nicht, einige Medikamente werden in Studien erprobt. Wichtig ist die Ruhigstellung des Darms mit Loperamid bwz. Opium-Tinktur und – falls noch nicht geschehen – der Beginn einer ART. Mit Besserung des Immunstatus kann das Immunsystem die Kryptosporidien eliminieren.

Krebserkrankungen

Bei Menschen mit HIV treten bestimmte Krebsformen häufiger und in jüngeren Jahren auf als in der Allgemeinbevölkerung. Eine ähnliche Häufung von Krebserkrankungen sieht man bei Patient(inn)en nach Organtransplantationen – bei ihnen wird die Immunabwehr durch Medikamente unterdrückt, da der Körper sonst das transplantierte Organ abstoßen würde. Die HIV-Infektion ist also (wie auch die Immunsuppression nach Organtransplantation) ein Risikofaktor für das Auftreten von Krebs. Mit Einführung der antiretroviralen Therapie hat sich das Auftreten einiger Krebserkrankungen (z. B. Kaposi- Sarkom) verringert; bestimmte Krebserkrankungen (z. B. Hodgkin-Lymphom, Analkarzinom) kommen aber bei Menschen mit HIV trotz ART immer noch häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung.

Kaposi-Sarkom
Beim Kaposi-Sarkom (KS) handelt es sich um einen normalerweise sehr seltenen, v. a. an den Beinen älterer Männer auftretenden, meist gutartigen Hautkrebs. Bei HIV-Positiven mit stark geschwächtem Immunsystem (betroffen sind fast ausschließlich Männer) können neben Haut und Schleimhäuten auch innere Organe betroffen sein. An der Entstehung des KS ist wahrscheinlich auch ein Humanes Herpes-Virus (HHV-8) beteiligt. Seit Einführung der ART ist das Kaposi-Sarkom insgesamt selten geworden. Typisch für das KS sind rötlich-bläulich-bräunliche Hautveränderungen, die sich innerhalb weniger Tage entwickeln können. Der Verschluss von Lymphbahnen durch das Tumorgewebe kann zu Wassereinlagerungen und zum Anschwellen der Beine führen. Der Befall innerer Organe (Herz, Lunge, Darm) ist lebensbedrohlich. Die Therapie besteht v. a. im Beginn bzw. der Optimierung einer ART, denn bei gutem Immunstatus tritt die Erkrankung praktisch nicht mehr auf. Zusätzlich kann der Einsatz einer Chemotherapie, einer Interferontherapie oder – bei auf die Haut beschränktem Befall – eine lokale Therapie (z. B. Operation oder Bestrahlung) sinnvoll sein.

Maligne Lymphome
Maligne Lymphome sind bösartige Erkrankungen, die von Lymphozyten ausgehen. Umgangssprachlich werden sie auch als Lymphdrüsen- oder Lymphknotenkrebs bezeichnet. Das lymphatische System mit „Lymphozytennestern“ kommt jedoch nicht nur in Lymphknoten, sondern auch in der Milz, in den Schleimhäuten des Magen-Darm-Trakts, der Leber und dem Knochenmark vor. Bei Menschen mit HIV-Infektion treten Lymphome häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung. Klinische Zeichen eines Lymphoms sind schmerzlose Vergrößerungen der Lymphknoten (z. B. am Hals, in den Achseln oder Leisten, im Brustkorb, im Bauch), häufig sind auch Fieber, Nachtschweiß, ungewollte Gewichtsabnahme und Leistungsabfall. Wenn weitere Organe befallen sind, kommen für dieses Organ typische Beschwerden hinzu (z. B. Blutungen bei Befall der Magenschleimhaut, Anstieg der „Leberwerte“ bei Leberbefall). Die genaue Diagnose erfolgt durch eine Punktion eines Lymphknotens bzw. eine Knochenmarkpunktion. Die Gewebeprobe gibt Aufschluss darüber, um welche Art von Lymphom es sich handelt. Mittels Computertomografie und anderer Verfahren wird abgeschätzt, welche Lymphknotenstationen und welche Organe betroffen sind (Staging). Anhand der Art des Lymphoms und des Ausbreitungsgrades wird dann die Therapie festgelegt. Meist wird eine Chemotherapie durchgeführt, ggf. ergänzt durch eine Bestrahlung (z. B. großer Lymphknotenpakete) oder eine Antikörpertherapie. Außerdem wird zur Verbesserung des Immunstatus der Beginn einer ART empfohlen. Lymphome sind heute in der Regel gut behandel- bzw. heilbar. Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) Maligne NHL sind die aidsdefinierende Erkrankung mit der höchsten Sterblichkeit. Ihre Häufigkeit ist aber seit Einführung der ART stark zurückgegangen, wenn auch nicht so stark wie beim Kaposi-Sarkom. Primäre ZNS-Lymphome (PZNSL) PZNSL sind eine Form von Non-Hodgkin-Lymphomen, die im Gehirn entstehen. Sie sind schwer zu therapieren, die Sterblichkeit ist hoch. Im Zeitalter der ART sind sie jedoch extrem selten, bei gutem Immunstatus treten sie nicht auf.

Weitere Erkrankungen

Wasting-Syndrom
Unter dem klassischen Wasting-Syndrom versteht man eine ungewollte Gewichtsabnahme von mindestens 10 % des ursprünglichen Körpergewichts, die mit anhaltendem Durchfall und/oder Fieber auftritt und nicht durch eine Infektion bedingt ist. Gewichtsverlust kann in allen Stadien der HIV-Erkrankung beobachtet werden. Unbehandelt nehmen etwa ein Drittel der HIV-Infizierten in der asymptomatischen Phase und die meisten Patient(inn)en mit Vollbild Aids an Gewicht ab.

HIV-Enzephalopathie (HIVE)
Enzephalopathie ist ein Sammelbegriff für Erkrankungen oder Schädigungen des Gehirns; eine HIV-Enzephalopathie beruht auf der Infektion des Zentralnervensystems mit HIV, synonym wird auch von HIV-Demenz gesprochen – ohne antiretrovirale Therapie erkranken etwa 15 – 20 Prozent der Patient( inn)en daran.

HIV und Hepatitis-Koinfektionen

HIV und Hepatitis A/B
Um eine Schädigung der Leber zu verhindern, sollten Menschen mit HIV gegen Hepatitis A und B geimpft sein. Bei schwerer Immunschwäche infolge einer HIVInfektion kann ein Impfschutz gegen Hepatitis A oder B allerdings verloren gehen. Wenn durch eine HIV-Therapie die Helferzellzahl wieder über 200/μl liegt, sollte der Impfschutz überprüft und die Impfung ggf. aufgefrischt werden. Ausführliche Informationen bietet die info+-Broschüre „Virus Hepatitis“.

HIV und chronische Hepatitis B/C
Die chronische Hepatitis B oder C führt bei Menschen mit HIV schneller zu einer Leberzirrhose als bei Personen, die nur mit Hepatitis B oder C infiziert sind. Bei niedriger HIV-Viruslast schreitet die Verhärtung der Leber (Fibrose) nicht mehr so schnell voran – HIV-Positiven mit einer chronischen Hepatitis B oder C wird daher empfohlen, schon früher mit einer ART zu beginnen. Bei HIV-Infizierten unter ART, die auch mit Hepatitis-B-Virus (HBV) infiziert sind, wird HBV bei Einsatz bestimmter Medikamente automatisch „mitbehandelt“. Bei einer Umstellung der HIV-Therapie darf dann nicht vergessen werden, dass auch die neue Medikamentenkombination eine gegen Hepatitis B wirksame Substanz enthalten muss, da es sonst zum Wiederaufflammen der chronischen Hepatitis B mit einer schweren akuten Entzündungsreaktion kommen kann. Bei HIV-Infizierten, die auch mit Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert sind (in Deutschland sind das ca. 10 – 15 % aller Menschen mit HIV), sollte die Helferzellzahl über 350/μl liegen (z. B. durch eine antiretrovirale Therapie), bevor mit einer Hepatitis-C-Therapie begonnen wird; die Erfolgsaussichten sind dann besser. Gegen die Hepatitis C gibt es keine Impfung. Menschen mit HIV wird eine jährliche Untersuchung auf Hepatitis-C-Antikörper empfohlen. Die Erkrankung hinterlässt keine Immunität: Auch wenn man einmal eine Hepatitis C durchgemacht hat und geheilt ist, kann man sich immer wieder anstecken. Ausführliche Informationen bietet die info+-Broschüre „Virus Hepatitis“.

HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen

Zwischen der HIV-Infektion und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (sexually transmitted infections/STIs) besteht ein direkter Zusammenhang: Viele STIs führen zu Entzündungen, Geschwüren oder Läsionen von Schleimhäuten, die beim Sex beteiligt sein können, und erhöhen so das Risiko einer HIV-Übertragung. Und umgekehrt ist für Menschen mit unbehandelter HIVInfektion das Risiko erhöht, dass eine Infektion mit einem sexuell übertragbaren Erreger vom Immunsystem nicht unter Kontrolle gebracht werden kann, sondern zu einer Erkrankung führt. Es kommt daher bei HIV-Infizierten häufiger oder früher zu systemischen Verläufen, d. h., die Erreger breiten sich über ein Organsystem aus (bei einer Herpes-simplex-Infektion z. B. können die Viren das Zentralnervensystem befallen). Auch chronische Verläufe, z. B. bei der Hepatitis B und C, sowie Rezidive und reaktivierte Infektionen sind häufiger. Rezidive – ein Wiederauftreten einer Erkrankung nach nicht vollständiger Therapie, z. B. durch zu kurzen oder ineffektiven Antibiotika-Einsatz – sind ein Problem bei der Syphilis und Hepatitis C, weshalb nach Abschluss der Behandlung Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden. Reaktivierungen kommen z. B. bei der Hepatitis B vor: Auch bei einer Ausheilung verbleiben Hepatitis-B-Viren in Leberzellen, die bei intaktem Immunsystem kontrolliert und an der Vermehrung gehindert werden, sich bei geschwächtem Immunsystem aber wieder vermehren. Sexuell aktive Menschen mit HIV sollten sich mindestens einmal im Jahr auf sexuell übertragbare Infektionen untersuchen lassen, vor allem auf Syphilis, Hepatitis C, Gonorrhö und Chlamydien. Allerdings sind in der STI-Diagnostik und -Behandlung Besonderheiten zu beachten – sie gehören in die Hände von besonders auf diesem Gebiet erfahrenen Ärztinnen und Ärzten. So kann z. B. ein Suchtest auf Syphilis trotz klarer Symptome bei schlechter Immunlage negativ ausfallen (falsch negatives Ergebnis). Bei der Therapie einer Hepatitis B oder C müssen die Medikamente zudem ggf. mit den zur HIV-Therapie eingesetzen Substanzen abgestimmt werden. Auch bei Antibiotika oder Antimykotika (Mittel gegen Pilze) sind Wechselwirkungen mit der antiretroviralen Therapie möglich. Ausführliche Informationen bietet die info+-Broschüre „sexuell über tragbare infektionen“.

HIV und Krebs

Krebsvorstufen und Krebs bei unbehandelter HPV-Infektion
Bei einer über mehrere Jahre bestehenden Infektion mit bestimmten Typen von Humanpapillomaviren (HPV) können sich aus infizierten Zellen Krebsvorstufen entwickeln, sogenannte intraepitheliale Neoplasien. „Intraepithelial“ bedeutet, dass sich die Neubildung von Gewebe (Neoplasie) auf das Epithel (die oberste Haut- bzw. Schleimhautschicht) beschränkt und die Membran zum darunter liegenden Bindegewebe und den Blutgefäßen noch nicht durchbrochen ist. Es handelt sich also nicht um Krebs, eine Metastasierung in andere Körperteile ist nicht möglich. In seltenen Fällen (abhängig u. a. vom Zustand des Immunsystems) schreitet die Erkrankung weiter fort und betrifft dann auch das unter dem Epithel liegende Gewebe. Bösartige Geschwulste, die vom Epithel ausgehen, bezeichnet man als Karzinome. Menschen mit HIV sind zwei- bis sechsmal häufiger von analen HPV-Infektionen betroffen, und zwar unabhängig vom Geschlecht und den ausgeübten Sexualpraktiken; Analkarzinome kommen bei ihnen deutlich häufiger vor als im Durchschnitt der Bevölkerung. Bei HIV-infizierten Frauen sind zudem Zervixkarzinome (Gebärmutterhalskrebs), die bei ihnen eine aidsdefinierende Erkrankung darstellen, sehr viel häufiger als bei nicht infizierten Frauen. HIV-Infizierte sollten sich mindestens einmal jährlich auf Vorstufen von Analkarzinomen untersuchen lassen, Frauen mit HIV mindestens einmal jährlich die Früherkennungsuntersuchung für Gebärmutterhalskrebs (PAP-Abstrich) in Anspruch nehmen. Wenn diese Untersuchungen konsequent wahrgenommen werden, können Krebsvorstufen frühzeitig erkannt und behandelt werden, um die Entstehung von Karzinomen zu verhindern. Ausführliche Informationen bietet die info+-Broschüre „sexuell übertragbare infektionen“

Impfungen und Kontrolluntersuchungen bei einer HIV-Infektion

Mit Impfungen kann man einige Infektionskrankheiten wirkungsvoll verhindern – das ist für Menschen mit HIV besonders wichtig. Damit eine Impfung "anschlagen" kann, muss das Immunsystem allerdings gut funktionieren und reagieren können. Die Helferzellzahl sollte deshalb 200/μl nicht unterschreiten; bei unter 100 Helferzellen/μl ist kein Impferfolg zu erwarten. Bei stark geschädigtem Immunsystem kann ein Impfschutz auch verloren gehen. In diesem Fall sollte das Immunsystem erst durch eine ART stabilisiert werden, bevor (wieder) geimpft wird. Impfungen gegen Kinderlähmung (Polio), Masern, Mumps, Röteln und Windpocken sind ggf. erforderlich, wenn Auslandsreisen geplant sind oder enger Kontakt zu Kindern besteht.  Bei hohen Helferzellzahlen gelten ähnliche Voraussetzungen wie für HIV-Negative, es können auch Impfstoffe mit abgeschwächten Viren (z. B. Gelbfieber, Masern, Röteln) eingesetzt werden, die bei schlechtem Immunstatus nicht verabreicht werden dürfen, weil sie sonst selbst eine Erkrankung auslösen könnten.

Für HIV-Infizierte ist es besonders wichtig, ihren Immunstatus zu kontrollieren (siehe dazu die folgenden Erläuterungen) und sich regelmäßig untersuchen zu lassen, um Folge- und Begleiterkrankungen der HIV-Infektion ggf. rechtzeitig erkennen und behandeln zu können.  Unter dem Immunstatus versteht man den Zustand des Immunsystems und seine Fähigkeit zur Immunreaktion, d. h. zur Bekämpfung als fremd erkannter Organismen und Substanzen. Bei einer HIV-Infektion geben darüber vor allem die absolute und relative Helferzellzahl Auskunft. Wichtig ist zudem die Viruslast. Bei HIV-Infizierten, die noch nicht antiretroviral behandelt werden, sollte der Immunstatus mindestens zweimal und die Viruslast zwei- bis viermal pro Jahr ermittelt werden, bei HIV-Infizierten mit einer ART in der Regel jeweils einmal im Quartal.